Glück ist platt, abgeschmackt, boring, und immer auch anstrengend. Glück langweilt den Leser. Ist ein Liebestöter.
Der Griff zum Anna Gavalda-Roman hat sich bisher noch immer als Glücksgriff erwiesen. Und dieses Werk macht hier keine Ausnahme. Ich empfehle es sogar ausdrücklich als Anti-Stress-Therapie. Der spontane Effekt der Erleichterung beim Lesen auch nur weniger Seiten stellt sich zwar erst in der zweiten Hälfte der Geschichte ein, aber auch der erste Teil ist notwendig und kanns uns daran erinnern, dass unser eigenes Leben vielleicht nicht so schlecht ist, wie es uns manchmal erscheint. Gleichzeitig scheut sich die Autorin nicht, auch sich selbst auf die Schaufel zu nehmen, wie man im obigen Zitat erkennen kann. Sie erlaubt ihrem Protagonisten Charles Balanda, eine Art von Glück zu finden, zeigt aber auch deutlich, dass Glück im Alltag nicht so ist, wie es uns die Filme und Romane normalerweise zeigen.
Und sie. Sie. Sie sprach unentwegt vom Tod. Unentwegt. Um ihm zu trotzen, das Miststück fertigzumachen. Weil sie wusste, dass wir alle dran glauben müssen … Ihr Leben bestand darin, dies zu wissen, und darum musste man sich berühren, sich lieben, trinken, beißen, genießen und alles vergessen.
Wir sehen Charles Balanda hingebungsvoll scheitern. Der Tod von Anouk, einer Frau mit ganz besonderer Bedeutung für Charles wirft ihn gründlich aus der Bahn, wenn er auch äußerlich weiter zu funktionieren scheint. Ihr Tod wirft Fragen wieder auf, die Charles bisher unbeantwortet gelassen hat. Was ist aus der Freundschaft zu Alexis Le Men geworden? Warum überbringt er ihm die Todesnachricht auf diese unpersönliche Weise? Aber bevor sich Charles endlich mit der Beantwortung dieser Fragen auseinandersetzt, muss er erst in ein handfestes Burnout-Syndrom hineinfallen und vor einen Bus laufen.
Wer war diese Frau, die über eine Welt voller Phantome und Kinder herrschte, die sehr schöne Hände hatte und bei Einbruch der Dunkelheit glasklare Verse aufsagte?
Auf der Suche nach der Wahrheit über Alexis und Anouk trifft Charles auf Kate. Dann beschäftigt sich der Roman lange nur mit Kates Geschichte und ihrem Leben und hier fängt das Buch an, eine warme und aufmunternde Atmosphäre zu verbreiten, die mir nach so manchem Tag auf der Heimfahrt den Stress vergessen hat lassen. Daher der Verweis auf die Tauglichkeit als Anti-Stress-Therapie. Der vielbeschäftigte Architekt Charles lässt alles stehen und liegen, um für ein Wochenende in Kates Welt einzutauchen. Und zu bleiben.
Zu viel zu verraten, würde den Genuss verderben, und diesen Genuss kann ich nur jedem allerherzlichst empfehlen. Wer angesichts dieser Lektüre nicht glücklich oder zumindest zeitweise zufrieden auf sein eigenes Leben blicken kann, der kann sich immerhin Charles Balanda als Beispiel nehmen und erkennen, dass uns das Leben immer mehr als nur eine Chance gibt. Wir müssen sie nur erkennen und ergreifen.