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English Roman

Dan Simmons – Phases of Gravity

CN: sexuelle Handlungen, Waffen, Tod einer Partnerperson, Begräbnis


Baedecker felt a brief lifting of spirit. Here in the high, thin air the demanding gravity of the massive planet seemed slightly – ever so slightly – lessened.

In letzter Zeit hatte ich ja bereits öfter darüber gejammert, dass mich meine Notizen so im Stich lassen. Bei diesem Buch fällt das noch mehr ins Gewicht, weil es mir nämlich nicht besonders gefallen hat und ich nun wirklich gerne wüsste, wo diese Empfehlung hergekommen ist. (Ich habe Lithub im Verdacht, habe aber nichts Konkretes finden können.)

Baedecker could remember the first real crash of lightning, which, in an uncanny instant of suspended time before everyone ran for shelter, froze people, cars, benches, grass, buildings, and Baedecker himself in a stroboscopic flash of light that briefly made all the world a single frozen frame in an unwatched film.

Weil ich Ablenkung brauchte, bin ich in das Buch einfach reingesprungen und war relativ schnell ziemlich genervt. Es wird immer wieder zwischen verschiedenen Zeiten und Orten gesprungen und nicht mal eine Leerzeile trennt diese Teile voneinander. Da verabredet sich der Protagonist in einem Satz mit seinem Sohn zum Essen und im nächsten Satz ist es eine Woche später und er sitzt im Flugzeug. Nicht nur, dass diese Sprünge nicht mal eine Leerzeile wert sind, es wird auch einfach viel weggelassen bzw. einfach nicht erzählt. Da springt der Protagonist in einem Paraglider von einer Klippe (was immerhin das Ende eines Kapitels ist) und im nächsten Kapitel hat er davon zwar eine Beinverletzung davon getragen, aber der Rest wird einfach übersprungen. Ob die fehlenden Leerzeilen bei Orts- und Zeitsprüngen eine künstlerische Entscheidung sind oder der späteren Erstellung des eBooks geschuldet, bleibt unklar, ich fand es jedenfalls extrem anstrengend.

Scott did not seem to be listening. He pushed the hair out of his eyes and frowned in concentration. “Sometimes I prayed that you wouldn’t go, and sometimes I prayed that you wouldn’t die up there …” Scott paused and looked right at his father. “But most of the time, you know what I prayed? I prayed that when you did die there, they’d bring you back and bury you in Houston or Washington, D.C., or somewhere so I wouldn’t have to look up at night and see your grave hanging up there for the rest of my life.”

Der Inhalt? Ein ehemaliger Astronaut hat eine schlechte Beziehung zu seinem Sohn. Er besucht ihn in Indien, um ihn aus den Fängen eines Gurus zu retten (was ihm erst später im Buch mit einem Hubschraubereinsatz gelingt). Der Sohn lässt den Vater abblitzen, stellt ihm aber noch seine Freundin vor. Mit der der ehemalige Astronaut dann auch eine Affäre beginnt (das war der Moment, wo ich mir sicher war, dass das Buch schon älter sein muss, sowas würde heute wohl kaum mehr geschrieben). Dass später herauskommt, dass der Sohn das wohl absichtlich eingefädelt hat, weil er dachte, die beiden würden gut zusammenpassen, macht das Ganze auch nicht mehr viel besser. Wir lesen also über die Midlife-Crisis eines weißen Mannes, der alle wichtigen Beziehungen in seinem Leben seiner Karriere geopfert hat und nun versucht, Gräben zuzuschütten.

There’re places of power – yeah – no doubt about that. […] You have to help make them. You have to be in the right place at the right time and know it. […] Even places of power are useless unless you’re prepared to bring something to them.

Viele Worte, um auszudrücken, dass das Buch einfach nicht für mich war. Wenn ich doch nur noch wüsste, woher das auf meine Liste gekommen ist …


Ende November besuchte ich mit dem Fotografen die Werkschau zur Fotografin Mary Ellen Mark in der Galerie Westlicht. Mich hat wohl der Titel The Lives of Women angesprochen und den Fotografen muss ich zu Fotoausstellungen ja sowieso nicht überreden ;-)

[Anmerkung: Alle weiteren Zitate entstammen dem Ausstellungstext.]

Ausstellungsansicht, rechts im Vordergrund hängt an einer Wand ein Bild mit Batman und drei Kindern in Prinzessinnenkostümen, weiter hinten im Raum ein großes Bild, das eine Frau draußen zeigt

Mary Ellen Mark gilt „als eine der wichtigsten Vertreter:innen einer humanistisch geprägten Dokumentarfotografie“. In ihrer Arbeit hat sie sich auf marginalisierte Personengruppen konzentriert und ist dabei tief in deren prekäre Lebenswelten eingetaucht. Für ihr erstes umfangreiches Langzeitprojekt verbrachte sie gemeinsam mit der Autorin und Therapeutin Karen Folger Jacobs sechs Wochen in der geschlossenen psychiatrischen Abteilung Ward 81 im Oregon State Hospital. Die beiden Frauen verbrachten den Alltag mit den Patientinnen und lernten diese in ihren vielen Facetten intensiv kennen.

Großes Interesse zeigt Mary Ellen Mark auch an der Welt des Zirkus und der Artist:innen. In Indien und Mexiko recherchierte sie tief ins Detail und „erhielt tiefe Einblicke in eine Welt, die von Mut, Gemeinschaft und Entbehrungen geprägt war“. Ein Bild aus dieser Serie hat mich besonders berührt. Es zeigt ein Mädchen im Volksschulalter, das auf dem Rüssel eines Elefanten sitzt. Sie trägt eine Art Bikini mit Metallverzierungen und Strümpfe, aber keine Schuhe. Mit dem linken Arm hält sie den Rüssel des Elefanten, sie lehnt auch ihren Kopf in diese Richtung. Die rechte Hand hält sie zur Faust geballt. Mit tief traurigem Gesichtsausdruck blickt sie in die Kamera, als würde sie innerlich anklagen, dass sie zwar fotografiert wird, aber dadurch ihr Leben nicht besser wird.

Ausstellungsansicht, an einer roten Wand hängen zwei Bilder, auf dem linken ist ein Kind zu sehen, das eine Blume an sein Gesicht hält, darunter ein Schaukasten mit dem Buch „Indian Circus“

Ein etwas weniger sozial brisantes Projekt sind Marks Fotografien von Zwillingspaaren. Dieses Projekt wurde von ihr vollständig selbst finanziert, um die größtmögliche Kontrolle zu bewahren.

Sie war fasziniert von dem Nebeneinander von Einzigartigkeit und Verbundenheit und dem Gedanken, dass sich trotz nahezu identischer Erbanlagen zwei eigenständige Leben und Persönlichkeiten entwickeln.

Einen großen Teil der Ausstellung bilden Portraits von Menschen aus vielen verschiedenen Regionen der USA. Sie fotografierte Menschen „bei Kinder-Schönheitswettbewerben und in Single-Bars“, schreckte aber auch vor Ku-Klux-Klan-Treffen nicht zurück. Mark selbst sagte, ihre Reisen durch Amerika hätten ihre Vision als Fotografin definiert. Gerade das konnte ich leider nicht nachvollziehen. Die Sammlung an Bildern aus mehr als drei Jahrzehnten, die keinem roten Faden oder auch nur einer Zeitlinie folgen, hat mich eher verwirrt zurück gelassen. Gleichzeitig hätte ich von den oben genannten thematischen Projekten wie Ward 81 und Indian Circus gerne mehr gesehen. Aber dazu müsste ich dann wohl die Bücher kaufen … Das habe ich soeben auf ihrer Webseite nachgeholt.

Die Ausstellung „The Lives of Women“ mit Werken der Fotografin Mary Ellen Mark in der Galerie Westlicht ist noch bis 16. Februar 2025 zu sehen.

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Sachbuch

Chris Hadfield – Anleitung zur Schwerelosigkeit

Es begann alles mit dem Video von der ISS, in dem Astronaut Chris Hadfield den berühmten Song Space Oddity von David Bowie covert. Wie die Gitarre herumschwebt, hat verdammt viel Aufsehen erregt und Chris Hadfield weltweite Bekanntheit beschert. Daraus entwickelte sich wohl auch dieses Buch, in dem er beschreibt, welche Fähigkeiten für einen Astronauten wichtig sind und warum einem diese auch im Alltag helfen, das Leben zu meistern.

Meine markierten Zitate kann ich leider nicht mehr wiedergeben, da ich das Buch aus der Onleihe der Büchereien Wien ausgeliehen hatte. Da sich das Buch nach der Ausleihzeit von 14 Tagen selbst zerstört, hat man ab diesem Zeitpunkt nur noch Zugriff auf die eigenen Notizen, aber nicht auf die markierten Textstellen. Diesmal hatte ich vergessen, mir rechtzeitig die Zitate rauszuschreiben, daher kann ich nun nichts wiedergeben. Ohnehin möchte ich das Buch eher nochmals auf englisch lesen und vertage aus gegebenem Anlass eine genauere Beschreibung auf einen späteren Blogpost.

Am Herzen liegt mir in diesem Zusammenhang jedoch eine allgemeinere Betrachtung zur Situation auf dem ebook-Markt und auch der Onleihe. Die Büchereien Wien bieten ihren Kunden auch eine Leihmöglichkeit für „virtuelle Medien“ an, die so genannte Virtuelle Bücherei. Zur Auswahl stehen eBook, eAudio und ePaper. Dazu verwenden die Büchereien eine Bibliothekssoftware namens Onleihe, hergestellt von der Firma Divibib. Diese verwendet das DRM von Adobe. (Ob nur dieses verwendet wird, oder ob es auch andere Formate gibt, konnte ich durch längere Recherche auf den Webseiten nicht feststellen.)

Am 6. Oktober wurde von The Digital Reader eine Sicherheitslücke veröffentlicht. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Adobe Digital Editions 4 Software detaillierte Userdaten im Plaintext an Adobe Server schickt. Dies ist aus zwei Aspekten zu betrachten:

1) Ganz klar ist: diese Daten müssten verschlüsselt werden. Dass die Daten unverschlüsselt übertragen werden, kann nur ein Fehler sein. Adobe hat dies auch rasch zugegeben und Besserung gelobt. Eine direkte Quelle dafür habe ich nicht gefunden, in diesem Follow-Up-Blog-Post von The Digital Reader wird es jedoch erwähnt:

But on the plus side, at least Adobe is now promising to encrypt their spying. They’re not promising to stop it but at least now no one will be able to listen in.

Am 23. Oktober wurde die neueste Version von Adobe Digital Editions (4.0.1) veröffentlicht, Adobe behauptet zumindest in den Release Notes, dass die gesammelten Daten nun über eine HTTPS-Verbindung übertragen werden.

2) Welche Daten sammelt Adobe genau und ist das überhaupt in Ordnung? In der allgemeinen Datenschutzrichtlinie von Adobe finden sich keine Details zu den Daten, die gesammelt werden. Im Prinzip ist die Formulierung derart, dass Adobe sich offen hält, alle Daten über die Benutzer zu speichern, die irgendwie verfügbar sind:

Wir erfassen Informationen darüber, wie Sie unsere Websites und Anwendungen nutzen, einschließlich des Zeitpunkts, zu dem Sie eine Desktopproduktfunktion verwenden, die eine Online-Verbindung herstellt (wie z. B. eine Fotosynchronisierungsfunktion).

Auch beängstigend:

Um unsere Datenbanken auf dem neuesten Stand zu halten und für Sie relevante Inhalte und Erlebnisse zu bieten, können wir im Einklang mit geltendem Recht Informationen über Sie mit Informationen von öffentlichen Quellen und unseren vertrauenswürdigen Partnern verbinden. Anhand dieser Quellen können wir beispielsweise die Firmengröße und Branche unserer Firmenkunden ermitteln.

Nachdem diese ganze Geschichte bekannt wurde, hat Adobe hier nachgebessert und genauere Informationen über die gesammelten Daten zur Verfügung gestellt. Danach muss man jedoch auch mühselig suchen.

Nach dieser allgemeinen Zusammenfassung kommen jetzt meine persönlichen Erfahrungen. Nach Bekanntwerden dieser Sicherheitslücke schickte ich ein E-Mail an meine Bücherei. Ich ersuchte darum, die Nutzer der Onleihe zu informieren und bei Adobe Beschwerde einzulegen. Die Büchereien Wien antworteten mir rasch, gaben sich „gelinde gesagt – wenig erfreut über diese Entwicklung“, halten sich jedoch für nicht zuständig, da sie Adobe nicht beeinflussen könnten und verwiesen mich an den Hersteller der Onleihe – Divibib.

Meine Anfrage an diese Adresse wurde weitaus weniger freundlich beantwortet. Zuerst wurde ich auf diese Information vom 15. Oktober verwiesen. Ich widersprach in meinem Antwortmail der folgenden Aussage:

Zu den gesammelten Daten gehören demnach Benutzer-ID, App-ID, IP-Adresse, Metadaten des jeweiligen E-Books, Datum des Kaufs/Downloads, Dauer der Lesesitzung und den Lesefortschritt und zuletzt gelesene Seiten. Dass ADE gewisse Daten speichert, ist notwendig. Denn nur so kann Adobe die Nutzung des E-Books wirksam kontrollieren.

Ginge es nur um das DRM, würde eine ID des Buches sowie des Users ausreichen. Außerdem: wenn ältere Versionen der Adobe Digital Editions diese Daten nicht übertragen, wie können sie dann notwendig sein?

Weiters forderte ich die Divibib GmbH auf, als Kunde auf Adobe einzuwirken, den Nutzern alternative Möglichkeiten anzubieten und Adobe das Monopol zu entziehen. Darauf erhielt ich im Prinzip keine Antwort. Im nächsten Mail verwies man mich auf ältere ADE Versionen mit dem Hinweis: „hier wurden entsprechende Vorwürfe nicht bekannt.“ Hat man jedoch die aktuellste Version des ADE installiert, gibt es keine Möglichkeit, auf eine ältere Version umzusteigen, da Adobe jeweils nur die aktuellste Version des Programmes zum Download stellt.

Weiters verwies man mich an meine Heimatbibliothek und das Onleihe Userforum. Die SSL-Config dieses Forums ist das Negativbeispiel schlechthin. Auf meinen diesbezüglichen Hinweis erhielt ich bloß die Antwort, es würden alle Datenschutzbestimmungen eingehalten. Da es sich um eine deutsche Firma handelt, ist hier wohl deutsches Datenschutzgesetz anzuwenden. Falls sich jemand hiermit auskennt / auseinandersetzen will, würde ich mich freuen.

Meine weiteren Fragen wurden schlicht ignoriert bzw. mit dem Bescheid „diese Informationen liegen uns nicht vor“ abgewiegelt. In ihren eigenen Datenschutzbestimmungen (nur als PDF erhältlich!) hält sich die Divibib GmbH übrigens auch aus allem heraus und wälzt die Verantwortung auf die User ab.

§ 4 Technische Voraussetzungen
Um die „Onleihe“ nutzen zu können, müssen Sie als Bibliotheksnutzer über eine geeignete Hardware und Online-Technologie verfügen und sich auf eigene Kosten und Gefahr Zugang zu elektronischen Diensten und Medien, insbesondere zum Internet, verschaffen. Sie müssen diese Hardware und Online-Technologie den sich verändernden technischen Standards im Internet und der „Onleihe“ auf eigene Kosten anpassen.

Da ich die Adobe Digital Editions App nicht verwende, bin ich nicht akut betroffen. Ich nutze die Onleihe App am iPad und lese die Bücher im Bluefire Reader. Auch von dieser Stelle gibt es ein Statement, Bluefire behauptet, keine Daten zu sammeln. Trotzdem hat mich der gesamte Ablauf dieser Angelegenheit dermaßen angewidert, dass ich überlege, wieder vollständig auf Papier umzusteigen. Adobe selbst verweist auf seine Datenschutzbestimmungen und kommt vergleichsweise einfach davon. Alle untergeordneten Unternehmen fühlen sich nicht zuständig und verweisen auf Adobe. Adobe hat bereits Userdaten verloren.

Der Umgang der Divibib GmbH mir gegenüber in dieser Angelegenheit war unhöflich und nicht hilfreich. Zu behaupten, man wolle gern weiterhelfen, reicht nicht aus, wenn gleichzeitig alle gestellten Fragen ignoriert werden und lediglich nicht passende Textbausteine als Antwort gegeben werden.

Persönlich muss ich mir jetzt die Frage stellen, wie privat meine Lesegewohnheiten eigentlich sind, da ich hier ohnehin sehr genau beschreibe, was ich lese. Meine Meinung über die unterschiedlichen Bücher gibt vermutlich mehr über mich preis, als ich mir vorstellen möchte. Trotzdem möchte ich nicht, dass Adobe diese Daten sammelt und mit anderen öffentlichen Informationen über mich verknüpft (siehe Zitat aus der Datenschutzrichtlinie oben). Fürs Erste werde ich keine Bücher mehr aus der Onleihe ausleihen und mich bei Gelegenheit wieder mal nach Alternativen umsehen.

Nachtrag: Thematisch passender Galgenhumor der Büchereien Wien auf Twitter zu Halloween:

Ich gehe als Adobe Kopierschutz. Schickt mir also schon mal eure Daten. #mediengrusel