Wenn du sie wiederfindest, wirst du ehrlich mit ihnen verkehren können, als die Person, die du wirklich bist. Und wenn du sie nicht findest, dann ist es vielleicht so am besten.
Sie wird sie nicht wiederfinden. Soviel sei vorab gesagt. Denn sie ist nur eine Nebenfigur in diesem großen amerikanischen Roman. Hier möchte ich wiederum die Geschichte erzählen, wie ich an dieses Buch geraten bin. Das Musical Ragtime, das auf diesem Buch basiert, erlebte 2009 ein Revival am Broadway, möglicherweise wurde auch die Produktion beim Shaw Festival 2012 im Musical-Fachmagazin lobend erwähnt, jedenfalls hatte mich eine Rezension neugierig gemacht. Das Buch fiel mir dann ebenfalls auf spezielle Weise zu: zu Weihnachten hatte ich Geschenkgutscheine vom Arbeitgeber erhalten und den Vorsatz gefasst, diese im lokalen Buchhandel auszugeben. Also führte mich ein Hundespaziergang am Samstag Vormittag in den lokalen Buchhandel, wo ich dann viel zu schnell dieses sowie ein weiteres Buch in der Hand hatte. Dann stand es wie gewohnt ein paar Monate im Regal und schien mir nun als Kontrapunkt für den Urlaub zu passen.
Sie waren überzeugt, sie würden auf spektakuläre Weise sterben. Diese Überzeugung verlieh ihnen ein dramatisches, exaltiertes Selbstbewusstsein.
Nach der Lektüre ist mir weiterhin schleierhaft, wie jemand auf die Idee kommen konnte, daraus ein Musical zu machen. So verzweigt ist die Geschichte, so viele Personen mit unterschiedlichen Motiven, deren Lebensgeschichten sich nur streifen. E.L. Doctorow lässt viele historische Persönlichkeiten wie den Entfesselungskünstler Harry Houdini oder die feministische Anarchistin Emma Goldman den gesellschaftlichen Rahmen für seine Revolutionsgeschichte bilden.
Verbindendes Motiv der handelnden Personen ist der Glaube an die Gerechtigkeit bzw. das Streben danach sowie der Glaube an die Wahrheit und Richtigkeit der eigenen Motive. Sowohl Coalhouse Walker, der schließlich sein Leben für seine Vorstellung von Gerechtigkeit opfert als auch der jüngere Bruder, der nach seinem erfolglosen Liebesstreben nur in der Revolution Wahrheit finden kann, stehen so fest auf ihren Grundsätzen, wie man es sogar im Roman selten erlebt.
Ihre Sache hatte ihr Denken entstellt. Sie wollten an den Grundfesten der Welt rütteln. Eine Armee Gründen! Sie waren nichts anderes als schmutzige Revolutionäre.
Kein Wunder, dass disses Buch jahrzehntelang auf der Liste 100 best English-language novels of the 20th century stand. Erwähnte ich bereits, dass ich immer wieder feststelle, dass amerikanische „Schullektüre“ mir viel zu oft besser gefällt als das, was ich in der Schule lesen musste. Was hatte ich mich damals mit Herrenjahre (Gernot Wolfgruber) gequält und geärgert … rückblickend betrachtet muss ich natürlich zugeben, dass ich damals auch mit Der Fänger im Roggen nichts anfangen konnte. Liegt es an der Auswahl unserer Lehrer? Oder am mangelnden Angebot an moderner österreichischer bzw. deutschsprachiger Literatur? Kann Literatur nur entweder unterhaltend ODER bildend sein? Womit wir nahezu zurück beim Musical wären …