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Honorée Fanonne Jeffers – The Love Songs of W. E. B. Du Bois

CN dieses Buch: sexuelle Gewalt gegen Frauen, Männer und Kinder (inkl. grausamer Beschreibungen von Misshandlungen), Vergewaltigung, Sklaverei, Tod, Krankheit, Rassismus, Drogenmissbrauch
CN dieser Post: Sklaverei, Rassismus


Dieser Generationenroman erzählt die Geschichte mehrerer miteinander verwobener Familien im südamerikanischen Georgia. Die Familienlinie beginnt bei den später vertriebenen Ureinwohnern des Creek-Clans, führt durch die Zeit der Kolonisierung Amerikas und der damit verbundenen Massenversklavung bis in die moderne Zeit, in der schwarze Frauen immer noch um ihren Platz an einer Universität kämpfen müssen. Das Buch wechselt zwischen zwei Zeitebenen, die jeweils mehrere Jahrzehnte umspannen. Erst gegen Ende des Romans als Ailey, die Hauptperson der späteren Zeitebene, im Rahmen ihrer Dissertation über die Herkunft ihrer Familie forscht, greifen die beiden Zeitebenen schließlich ineinander.

Die Autorin schreckt nicht zurück vor grausamen Wahrheiten. Im Nachwort erklärt sie, dass sie einen fiktionalen historischen Roman geschrieben hat, den sie aber auch explizit als black feminist novel bezeichnet. Sie kritisiert nicht nur die offensichtlich schändliche Behandlung von schwarzen, versklavten Menschen durch ihre „Eigentümer“, sondern auch die Handlungen von weißen Mitmenschen lange nach der Abschaffung der Sklaverei. Wie zum Beispiel in diesem Absatz, indem klar wird, warum der Ansatz vieler weißer Menschen, keine Farbe sehen zu wollen, nicht nur falsch sondern auch sehr schädlich ist:

Belle knew then, even if Diane didn’t suffer from a medical condition, she truly didn’t care what race somebody was. Instead of pleasing Belle, this discovery made her furious, […]. Her outraged exhalations, as she considered that Diane was a white woman who could walk through the world and stay blessedly unaware of the color line.

Oder dieser Absatz, in der Aileys schwarzer Freund Scooter sie auffordert, seiner weißen Ehefrau beim Verständnis der Rassenproblematik zu helfen (was Ailey vollkommen berechtigt ablehnt):

I know she doesn’t always get, you know, the race stuff, but she’s trying. And maybe you can help her with that. Teach her.

Der titelgebende W. E. B. Du Bois ist mit einem Zitat am Beginn jedes Kapitels der modernen Zeitebene vertreten. Außerdem taucht er in Geschichten auf der Bildfläche auf, die Onkel Root seiner Großnichte Ailey erzählt. Der reale W. E. B. Du Bois wurde als erste schwarze Person in Harvard promoviert und war Gründungsmitglied der National Association for the Advancement of Colored People (NAACP), einer noch heute existierenden Institution der antirassistischen Bürgerrechtsbewegung. In Diskussionen zwischen den Generationen wird er dem Bürgerrechtler Booker T. Washington gegenüber gestellt, der hinsichtlich der Rassenproblematik einen eher langsamen Fortschritt forderte.

Für mich war in diesem Buch sehr vieles neu. Als Österreicherin war ich in meiner Schulzeit mit amerikanischer Geschichte nur sehr wenig beschäftigt, unser Fokus lag da deutlich auf dem Zweiten Weltkrieg und dem Marshall-Plan. Eine Einordnung dieses Buchs traue ich mir daher auch nicht zu. Als Einstieg in diese Zeit der amerikanischen Geschichte bietet es jedoch unterschiedlichste Facetten und Blickwinkel. Dafür muss sich die Leser:in aber auch Zeit nehmen, die gebundene Ausgabe umfasst 816 Seiten. Nicht unerwähnt lassen möchte ich diese kulinarische Spezialität, von der ich vorher noch nie gehört hatte: Southerners’ All-Time Favorite Snack Calls For a Bag of Peanuts and Bottle of Coca-Cola.

Even in a place of sorrow, time passes. Even in a place of joy. Do not assume that either keeps life from continuing, for there are children everywhere.