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English Erfahrungsbericht Sachbuch

bell hooks – communion

CN: Ich möchte darauf hinweisen, dass in diesem Buch ein sehr binäres Geschlechterrollenbild vertreten wird, das 25 Jahre nach der Erscheinung nicht mehr zeitgemäß erscheint.


Most women search for love hoping to find recognition of our value.

Ich habe das Gefühl, ich müsste ein Referat über dieses Buch schreiben, weil ich so lange gebraucht habe, um es zu lesen und so viele Notizen gemacht habe. Beim ersten Versuch habe ich irgendwann in der Mitte aufgehört, weil ich mich so aufgeregt habe, zu lesen, dass wir Frauen nie echte Liebe finden werden können, so lange wir uns nicht selbst lieben. Das hat in mir einen derartigen Widerwillen ausgelöst. Es ist genau genommen das Umgekehrte zu dem, was das Buch eigentlich vertritt und ich konnte die konkrete Stelle auch beim zweiten Mal lesen nicht mehr finden. Für mich war diese (vermeintliche) Aussage ein rotes Tuch. Wenn du erst … fünf Kilo abgenommen hast / bei irgendeinem wichtigen Thema mitreden kannst / programmieren gelernt hast / … dich selbst liebst, DANN WIRST DU ES WERT SEIN, GELIEBT ZU WERDEN. Da werde ich wirklich krawutisch. Und das Buch sagt das auch eigentlich nicht, wie ich bei einem zweiten Leseversuch mit ausführlichen Notizen nun dokumentieren konnte.

Love is the foundation on which we build the house of our dreams. It’s a house with many rooms. Relationships are part of the house, but they are not everything and never could be. The key is balance.

Aus meinen vielen Notizen will sich kein Referat Text ergeben, ich zähle daher hier ein paar Kernpunkte auf:

  • Patriarchat. Führt dazu, dass Frauen sich von Anfang an wertlos fühlen und denken, dass sie sich Liebe erst „verdienen“ müssten. Dass Frauen sich um andere Menschen kümmern, ist nicht „von Natur aus“ gegeben, sondern gesellschaftlich anerzogen.
  • Feminismus. Vieles hat sich geändert und trotzdem sind Frauen nach wie vor weder gleich gestellt noch wirklich frei. Zuerst die sexuelle Befreiung (finden Männer toll, solang es dazu führt, dass Frauen verfügbar und offen für alles sind, aber nicht, wenn es darum geht, dass Frauen wirklich über ihren eigenen Körper bestimmen dürfen, indem sie zum Beispiel auch Nein sagen), dann der Arbeitsplatz (Frauen gehen arbeiten und kümmern sich trotzdem noch um Haushalt und Kinder). Emotional hat sich sowieso nichts geändert, für Gefühle sind nach wie vor Frauen zuständig, Männer reden über sowas nicht.
  • Kulturell gesehen ist Liebe Frauensache. Die Beziehungsratgeber der 1990er (Männer sind vom Mars usw.) haben es klar gemacht: Wenn Frauen bessere Beziehungen wollen, dann müssen sie selbst dafür sorgen. Indem sie die Emotionen der Männer hinnehmen und managen, sie aber nicht damit belästigen. Frauen sind dafür zuständig, dass eine Beziehung „funktioniert“.
  • Body Shaming. Fängt meistens in der Familie an und zwar durch die weiblichen Familienmitglieder. Hier schließt sich der Kreis zu meinem oben genannten Widerwillen: Es geht darum, den eigenen Körper zu akzeptieren, was uns eigentlich von Familie und Gesellschaft systematisch abtrainiert wird. Solange wir glauben, dass wir erst dann „liebenswert“ („worthy of love“) sind, wenn wir körperliche Standards erfüllen, werden wir immer nach einem unerreichbaren Ideal streben, anstatt uns mit den wirklich wichtigen Themen zu befassen.
  • Weibliche Solidarität. Es ist einfacher, auf andere Frauen loszugehen, anstatt sich gegen das gesellschaftlich verankerte Patriarchat aufzulehnen. Den Erfolg einer anderen Frau zu feiern widerspricht der Grunderzählung („fairy tale logic“), mit der wir aufgewachsen sind: Dass nur eine einzige Frau gewählt werden kann.

Midlife for many of us has been the fabulous moment of pause where we begin to contemplate the true meaning of love in our lives. […] This is often the time in a woman’s life when she begins to seriously evaluate and critique the values that have shaped her life.

Das Buch ist geprägt davon, dass sich die Autorin nun selbst in der „Mitte des Lebens“ befindet. Sie reflektiert, sie will ihre eigenen Erkenntnisse an die jüngeren Frauengenerationen weitergeben. Gesellschaftlicher Wandel braucht Zeit, aber vielleicht können wir ihn beschleunigen, wenn wir auf den Erkenntnissen älterer Frauengenerationen aufbauen. Wir müssen unsere Kinder nicht in die Rosa-Hellblau-Falle laufen lassen und ihnen vermitteln, dass nur Mädchen weinen oder über Gefühle reden dürfen. Wir können unseren eigenen Umgang mit Medienidealen hinterfragen, damit unsere Töchter, Nichten, Enkelinnen nicht bis zur Menopause brauchen, bis sie ihren eigenen Körper so akzeptieren können, wie er ist. Dann klappt das vielleicht auch endlich mal: Smash the patriarchy by redefining love!

#12in2025: 7/12