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Klassiker Roman

Miguel de Cervantes – Don Quijote von der Mancha

Windmuehle(c)Andreas-Zöllick/PIXELIO

Kurz, er versenkte sich so tief in seine Bücher, dass ihm die Nächte vom Zwielicht bis zum Zwielicht, und die Tage von der Dämmerung bis zur Dämmerung über dem Lesen hingingen; und so trocknete ihm vom wenigen Schlafen und vom vielen Lesen das Hirn so aus, dass er zuletzt den Verstand verlor.

Was für ein Glück, dass dieses Beispiel nicht Schule gemacht hat, ich wäre ansonsten wohl auch schon ein geschminkter Zwerg in High Heels in der Scheibenwelt. Und wie man am Ende dieser langen Geschichte ersehen kann, bekommt das Ritter-Dasein auch dem Helden nicht gut.

Das Schönste bei der Sache war, dass dem Wirte das Licht verlöschte, und wie sie nun im Dunkeln blieben, schlugen alle aufs Geratewohl so unbarmherzig aufeinander los, dass sie, wo sie nur immer mit der Faust hintrafen, nirgends einen heilen Fleck ließen.

Don Quijote zieht mit seinem Knappen Sancho los, die beiden erleben allerhand spannende Geschichten, beziehen aufgrund der Verrücktheit des Ritters immer wieder Prügel und bleiben nicht selten als Verlierer des Kampfes zurück, den Don Quijote begonnen hat. Nicht nur die Windmühlen gehen als Sieger aus dem Kampf hervor auch so mancher Landjunker und vermeintlicher Ritter vermag den Ritter von der traurigen Gestalt zu besiegen.

Alles dies hörte Sancho und sprach zu sich selber: „Dieser mein Herr pflegt, wenn ich von etwas rede, das Hand und Fuß hat, zu sagen, ich könnte eine Kanzel zur Hand nehmen und in der Welt herumziehen und allerhand Schönes predigen. Ich aber sage von ihm, wenn er anfängt, Weisheitssprüche aneinanderzureihen und Ratschläge zu erteilen, kann er nicht nur eine Kanzel zur Hand nehmen, sondern zwei auf jeden Finger und kann auf den Marktplätzen umher reden gehen, Herz, was begehrst du. Hol dich der Kuckuck, was für ein fahrender Ritter bist du, dass du so vieles weißt und verstehst!

So weise Ratschläge der gute zwischenzeitlich auch Löwenritter genannte Don Quijote auch zu geben vermag, so abseits zeigt sich sein Gebahren, wenn es um die verzauberte Dulcinea geht, die nur durch Sanchos Selbstgeißelung entzaubert werden kann. Dies eine Erfindung des Herzogspaars, das sich auf Kosten von Ritter und Knappe belustigt und dabei nicht nur die Kammerfrau Schmerzensreich einen Bart tragen sondern auch das arme Mädchen Altisidora einen scheinbaren Tod aus Liebe sterben lässt.

„Merke dir, Sancho“, entgegnete Don Quijote, „dass es zweierlei Schönheiten gibt, die der Seele und die des Körpers. Die der Seele waltet und erscheint im Geiste, in der Sittsamkeit, im edlen Benehmen, in der Freigebigkeit, in der feinen Bildung, lauter Eigenschaften, die in einem hässlichen Manne Platz haben und sich vorfinden können. … Ich, Sancho, sehe wohl, dass ich nicht schön bin, aber ich weiß auch, dass ich nicht missgestaltet bin; und für einen braven Mann, wenn er nur die Gaben der Seele besitzt, die ich aufgezählt habe, ist es schon genug, dass er kein Ungeheuer ist, um von Herzen geliebt zu werden.“

Dale Wasserman verarbeitete die weitläufige Geschichte des Ritters zu einem Musical, das mit dem Hit „The impossible Dream“ heute noch begeistert. Dass er seiner Musicalhandlung auch noch eine Rahmenhandlung um den Schriftsteller Cervantes beigab, anstatt sich auf die Reisen Quijotes zu beschränken, die ohnehin genug Stoff hergeben, soll heute nicht mehr angezweifelt werden, mag damals aber als fragwürdige Entscheidung gegolten haben. Mit den vielen Geschichten um Don Quijote und Sancho kann man sich jedenfalls lange unterhalten (auch deutlich daran zu ersehen, wie lang das Buch bei mir im Rad mitlief). Ausreichend Durchhaltevermögen und Sitzfleisch ist dafür allerdings erforderlich.

Don Quijote und Sancho sandten ihre Blicke nach allen Seiten aus. Sie sahen das Meer, das von ihnen noch nie erschaut worden, und es schien ihnen von großem, weitem Umfang zu sein, weit mehr als die Teiche der Ruidera, die sie in der Mancha gesehen hatten.