Es waren die anderen, die zuerst bemerkten, was Alice und Mattia selbst erst viele Jahre später begreifen sollten. Sie lächelten nicht und blickten in verschiedene Richtungen, als sie das Zimmer betraten, doch sie hielten einander fest an den Händen, und so war es, als flössen ihre Körper durch die sich berührenden Arme und Finger unablässig ineinander über.
Alice und Mattia sind Außenseiter – beide leiden unter einem Kindheitstrauma und haben Schwierigkeiten, sich in die Gesellschaft einzugliedern. Das führt sie schließlich zusammen. Beide haben keine anderen Bezugspersonen und sind so gewissermaßen aufeinander angewiesen. Mattia hat als Kind seine Zwillingsschwester Michela im Park zurückgelassen und leidet deshalb an unüberwindbaren Schuldgefühlen. Alice erlitt bei einem Skiunfall eine Beinverletzung und hinkt seither. Ihre Komplexe bekämpft sie durch Magersucht. Mattia öffnet sich schließlich und erzählt Alice von seiner verlorenen Schwester. Kurz darauf nimmt er eine Stelle im Ausland an und lässt Alice zurück.
So saß er da und verlor langsam den Kontakt zu dem Geschriebenen; die Symbole, die kurz zuvor noch durch die Bewegung seines Handgelenks aufs Papier geflossen waren, kamen ihm nun fremd vor, erstarrt in einem Raum, zu dem ihm der Zugang verwehrt war. Im Dunkel des Zimmers füllte sich sein Kopf wieder mit düsteren, bedrängenden Gedanken, und meistens griff er dann zu einem Buch, schlug es an einer beliebigen Stelle auf und begann zu lernen.
Alice arbeitet in einem Fotogeschäft und heiratet den jungen Arzt Fabio. Als dieser jedoch Kinder haben möchte, zerbricht die Beziehung. Der Kontakt zwischen Alice und Mattia ist langsam abgerissen. Als Alice jedoch glaubt, Mattias Schwester gesehen zu haben, ruft sie ihn zurück und Mattia kommt prompt.
So sah man es in Filmen, und so geschah es in der Wirklichkeit, tagtäglich. Die Menschen nahmen sich, was sie haben wollten, klammerten sich an die meist wenigen Gemeinsamkeiten und bauten darauf ihr Leben auf. Hier bin ich, musste er zu Alice sagen oder wieder gehen, abreisen mit dem ersten Flug, verschwinden, zurück an jenen Ort, wo er in all den Jahren keinen festen Grund unter die Füße bekommen hatte.
Die düstere Stimmung dieses Romans reicht bis zur letzten Seite, ein Happy-End ist den beiden einsamen Protagonisten nicht vergönnt. Bis ins kleinste Detail beschreibt er die Abgründe, die sich in den Seelen seiner Personen auftun. Auch wenn beide schließlich einen Weg finden, ein scheinbar normales Leben zu führen, bleiben ihre Beziehungen zu anderen Menschen stets oberflächlich und unbefriedigend. Ein trauriges Stück, das unsere Gesellschaft widerspiegelt, in der unangepasste Menschen kaum eine Chance haben.
Weitere Informationen: Paolo Giordano @ Wikipedia – aus.gelesen – Rezension und ausführliche Inhaltsangabe von Dieter Wunderlich