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Sachbuch

Nelly Bly – Zehn Tage im Irrenhaus

Vergleichen Sie dies mit einem Verbrecher, dem jede Gelegenheit geboten wird, seine Unschuld zu beweisen: Wer würde nicht lieber ein Mörder sein und sein Leben aufs Spiel setzen, als für geistig krank erklärt zu werden und ohne jede Hoffnung auf Rettung zu sein?

In einem Gespräch mit D. fiel der Titel dieses Buches, von dem ich mir inzwischen nicht mehr sicher bin, dass tatsächlich dieses gemeint war. Bei der Bestellung im lokalen Buchgeschäft war mir gar nicht klar gewesen, dass dieses Werk bereits so viele Jahre auf dem Buckel hat.

Die Journalistin Nelly Bly lässt sich 1887 im Auftrag der Zeitung New York World in die Frauenpsychiatrie einweisen. Damals deckte sie mit ihrem Bericht unglaubliche Missstände auf. Heute scheint es hauptsächlich interessant, wie einfach es für sie war, sich trotz geistiger Gesundheit einweisen zu lassen. So wurden damals offenbar auch Frauen eingewiesen, die vor ihrem Aufenthalt in der Psychiatrie keine geistigen Probleme hatten, mit denen man aber einfach nicht wusste, wie ihnen zu helfen wäre. Beispielsweise die Geschichte einer Ausländerin, mit der mangels Sprachkenntnissen keine Kommunikation möglich war:

Mrs. Schanz flehte auf Deutsch darum zu erfahren, wo sie war, und bat inständig, freigelassen zu werden. Ihre Stimme war von Schluchzern durchbrochen, und sie wurde, ohne dass man sie angehört hätte, zu uns geführt.

Dass Machtpositionen (wie hier Ärzte und Schwestern Macht über die Insassen haben) immer ausgenutzt werden, wenn keine Kontrolle zu befürchten ist, haben unterschiedlichste Beispiele der Geschichte gezeigt. Gerade Irrenanstalten sind da auch immer wieder Thema gewesen. Wer sich für diese psychologischen Hintergründe interessiert, wird vermutlich in anderen Werken mehr Informationen finden, jedoch ist Nelly Blys Bericht heute noch als Buch erhältlich und allein dies kann Zeugnis darüber ablegen, dass es zum Zeitdokument geworden ist.