Ray klopfte noch einmal, und dann, wie auf Stichwort, wurde der Bildschirm schwarz, und es erschien ein dreidimensionales, durch den Raum rotierendes Gehirn, so lebendig, dass es realer schien als ein echtes, die Gehirnlappen voller leuchtender Signale einer regen Tätigkeit, abgelöst von jeder Konsequenz die reinen Denkbewegungen verfolgend, ohne Blut und ohne Atem, ohne ein schlagendes Herz, das ihnen die Richtung wies.
Samson hat sein Gedächtnis verloren. Er wird in der Wüste von Nevada gefunden, ohne zu wissen, wer er ist und wo er herkommt. Nach der Entfernung eines Gehirntumors erinnert er sich wieder an seine Kindheit, jedoch an nichts danach. Diese Erinnerungslosigkeit wird zuerst zur Zerreißprobe für Samson und seine Frau Anna. Es scheint unvermeidlich, dass diese beiden Menschen getrennte Wege gehen müssen, dass Samson ein neues Leben beginnen muss. Aber wie kann er Anna verlassen? Ohne Geld, ohne Beruf, nach allem, was sie für ihn getan hat?
Aber er fragte nicht, weil er unsicher war, ob er die Antworten wissen wollte. Er hatte das Gefühl, hatte von Anfang an das Gefühl gehabt, es sei besser, sie nicht zu wissen.
Es tun sich immer mehr Fragen auf. Was bleibt vom Menschen, wenn er seine Erinnerungen verliert? Ist er dann ein neuer Mensch? Ist Samsons Vergangenheit nichts mehr wert, da er sich nicht daran erinnert? Zählt eine Erinnerung nur, wenn sie geteilt werden kann? Einerseits ja, andererseits nein. Es hat auch mit dem Leben an sich zu tun. Wir füllen unser Leben nach Möglichkeit mit Annehmlichkeiten und es bleiben uns dann mehr oder weniger Erinnerungen. Wenn die weg sind, hat man dann sein Leben vergeudet? Warum will Samson keine neuen Erinnerungen machen, warum nicht so schnell wie möglich etwas erleben?
In das Bewusstsein eines anderen einzudringen und dort eine Fahne aufzupflanzen war ein Verstoß gegen das Gesetz der absoluten Einsamkeit, auf dem dieses Bewusstsein beruhte. Es war eine Bedrohung, vielleicht sogar eine unwiderrufliche Beschädigung der lebenswichtigen Abgeschiedenheit des Selbst.
Durch seinen Arzt gelangt Samson an Ray, ebenfalls Arzt, der Experimente mit dem menschlichen Gedächtnis macht und in Samson eine leere Tafel sieht. Er will versuchen, die Erinnerung eines anderen Menschen in Samsons Gedächtnis zu transferieren. So langsam wird klar, dass es vielleicht doch um irgendwelche schlimmen Experimente mit dem menschlichen Gehirn geht. Oder? Vergessen ist schon ein kompliziertes Thema an sich. Warum setzt Samson sich diesem Risiko aus, ohne zu wissen, was ihn erwartet? Warum ist er dann überrascht, als ihn die Erinnerung eines anderen wie ein Elektroschock trifft und nicht mehr loslässt? Hat er nie geglaubt, es könnte funktionieren? Die Folgen – in jeder Hinsicht – werden ihm erst später klar. Ein aufrüttelnder Roman, der die Wichtigkeit von (geteilten) Erinnerungen eindrucksvoll hervorhebt.
Erst viel später, als es schon zu spät war, ging ihm der Terror des Ganzen auf: eine Zukunft, in der Gedächtnisse entführt werden konnten, in der die letzte, tiefste Intimsphäre ausgekundschaftet und an die Öffentlichkeit gezerrt werden konnte.