Drum laß mich, wie mich der Moment geboren.
In ew’gen Kreisen drehen sich die Horen;
Die Sterne wandeln ohne festen Stand,
Der Bach enteilt der Quelle, kehrt nicht wieder,
Des Lebens Strom, er woget auf und nieder
Und reißet mich in seinen Wirbeln fort.
Weisheit und Tapferkeit! der Mensch will immer die Weisheit, er hat aber den Mut nicht, sie durchzusetzen. Eins bedingt das andere, denn wenn der Mut dazu wäre, so wär auch die Weisheit da.
Wer das Ideal leugnet in sich, der könnte es auch nicht verstehen in andern, selbst wenn es vollkommen ausgesprochen wär. – Wer das Ideal erkannte in andern, dem blüht es auf, selbst wenn jeder es nicht in sich ahnt.
Schon vor ziemlich ewiger Zeit (ich glaube, es war Pre-Amazon) habe ich ein Buchpaket namens Klassiker der Weltliteratur gekauft, weil ich mich auf dieser Ebene etwas weiterbilden wollte. Diese unauffällig gebundenen Bücher stehen in einem extra Regal, da sie im Regal der ungelesenen Bücher nicht alle hinpassen und dort stehen sie nun schon recht lange. Aber jetzt hab ich endlich eins herausgenommen.
Um die damalige Zeit und die Entstehung des Romans wirklich zu verstehen, muss man wohl sogar über die Erläuterungen im Anhang hinaus recherchieren oder wirklich geschichtskundig sein (wobei mir leider völlig die Basis fehlt). Nicht nur persönliche Beziehungen bestimmen das Buch, sondern auch damalige politische Entwicklungen und insbesondere zeitgenössische Religionskritik. So schrieb beispielsweise David Friedrich Strauß, der die Bewegung der Junghegelianer, mit denen Bettina von Arnim sympathisierte, über das Buch:
“…wie lange wird es an solchen fehlen, die in Bettinas Briefen ein anderes Evangelium Johannis erblicken? … so geht die Richtung dieser Zeit dahin, die Offenbarung Gottes in allen den Geistern zu verehren, welche belebend und schöpferisch auf die Menschheit eingewirkt haben.”
Im Anhang erfährt man nur zum Teil, wieviel Wahrheit und wieviel Fiktion in den Briefen steckt. So erklärte Bettina von Arnim beispielsweise selbst, dass ihres Erachtens “die Grenze zwischen Eignem und Angeeignetem, zwischen Untergeschobnem und Selbsterzeugtem geistig nicht existiert.” Einen Absatz weiter oben heißt es in einem Zitat von Herman Grimm:
“Sie schrieb unaufhörlich wieder ab, was ihr nicht gefiel, bis es die Leichtigkeit des Stiles empfing, als sei es flüchtig nur so hingeschrieben worden.”
Am Anfang etwas zäh (wie des öfteren bei historischen Geschichten, die sich nicht so einfach auflösen wie beispielsweise ein Carly-Phillips-Roman) hat es mich gegen Ende dann schon gefesselt, wenn es auch kein Ende in dem Sinne gibt. Auch den Anhang hab ich mit Aufmerksamkeit gelesen, weil man sich ohne Vorkenntnisse zwangsläufig fragen muss, in welcher Beziehung die beiden Briefe schreibenden Damen zueinander stehen.
Für Unerschrockene, die sich von altmodischer Sprache, komplizierten Beziehungsverhältnissen und historischem Background nicht abhalten lassen.