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Erzählung Roman

Kurt Tucholsky – Schloss Gripsholm

CN: Gewalt gegen Kinder, sexuelle Handlungen, Alkoholkonsum


Vor vielen Jahren hat mir ein Studienkollege den Autor Kurt Tucholsky ans Herz gelegt. Ich habe mir damals ein Buch gekauft und konnte einfach nichts damit anfangen. Das Buch steht immer noch ungelesen im Regal (allerdings nicht im Regal der ungelesenen Bücher, weil ich ja [aktuell] nicht vorhabe, es zu lesen). Vor ein paar Wochen erwähnte ich Tucholsky und dieses Buch in einem Gespräch über Lyrik und warum ich mir damit schwer tue. Die Vermutung liegt übrigens im Moment derart, dass das Narrativ, der rote Faden fehlt. Kurz darauf fiel mir in einem Bücherschrank das hier besprochene Buch in die Hände. Der dünne Band wird auf Wikipedia mal als Roman, mal als Erzählung bezeichnet.

Das Buch beginnt mit einem Briefwechsel zwischen dem Autor und seinem Verleger Herrn Ernst Rowohlt, in dem der Verleger den Autor bekniet, doch endlich mal eine unterhaltsame Sommergeschichte zu schreiben. Diese beginnt ab dem zweiten Kapitel mit dem Protagonist:innenpaar des Ich-Erzählers und seiner „Prinzessin“ Lydia, die nach Schweden auf Urlaub fahren. Einen roten Faden gibt es auch in dieser Erzählung kaum, die beiden genießen die Landschaft, empfangen Besuch von Freund:innen aus der Heimat, „retten“ ein Kind aus den Fängen einer sadistischen Anstaltsleiterin, um es zu seiner Mutter in die Schweiz zurückzubringen. Alles irgendwie durcheinander geschrieben mit viel Sprachwitz und Amüsement. Der Verleger war wohl zufrieden.

Das Buch weist Textillustrationen von Wilhelm M. Busch auf. Eine Verwandtschaft mit Wilhelm Busch, der für Max und Moritz bekannt ist, konnte ich nicht feststellen. Der Verleger Ernst Rowohlt darf sich gegen Ende des Buchs noch einmal zu Wort melden, wo er sich für die (Fake?-)Zigarettenwerbung entschuldigt, die den Text an einer äußerst pikanten Stelle unterbricht. Das Buch kann wohl auch als satirische Erwiderung auf den Wunsch des Verlegers nach seichter Unterhaltung gedeutet werden. Jetzt hab ich jedenfalls was von Tucholsky gelesen. Und das andere Buch wartet nach wie vor im Regal …