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Margaret Atwood – The Handmaid’s Tale

CN dieses Buch: Vergewaltigung, Hinrichtung, Gewalt
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When power is scarce, a little of it is tempting.

Ich habe diesen Post jetzt einige Tage vor mir hergeschoben, weil es mir nicht gelungen ist, die vielen Facetten dieser Geschichte in einen ordentlichen Zusammenhang zu bringen. Gleichzeitig fragte ich mich, ob ich zu diesem Buch wohl gegriffen hätte, wenn es nicht durch die Hulu-Serie derartige Popularität erlangt hätte. Es hat mich darüber nachdenken lassen, wie interessant das eigentlich ist, dass so viele Bücher nun als Filme oder in Serienform zweitverwertet werden, weil es so viele private Filmhersteller bzw. Streaminganbieter, die original content machen, gibt. American Gods wurde kurz nachdem ich das Buch gelesen habe, intensiv als Serie beworben. (Herausgekommen ist die Serie in englischer Sprache wohl schon 2017, ich erinnere mich aber, dass sie im Sommer 2018 in Deutschland und Österreich sehr in Plakaten und Citylights zu sehen war.)

Wie schon bei Game of Thrones möchte ich auch diese Serie nicht sehen. Es ist schwierig genug, sich im Buch mit den komplexen Emotionen auseinanderzusetzen und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie das in einem audiovisuellen Medium gehen soll.

Das Buch spielt in einem totalitären Staat, in dem durch Krieg und Krankheiten die Fruchtbarkeit dramatisch gesunken ist. Frauen (Männer vermutlich auch, aber da wird es nicht so deutlich) sind in eine Art Klassengesellschaft eingeteilt. Ihre Rolle wird ihnen zugewiesen und sie haben sich an die Regeln dieser Rolle zu halten. Die Erzählstimme des Buchs hat die Rolle einer Handmaid – einer Frau, die dazu bestimmt ist, Kinder auszutragen. Sie wird einem Mann, einem Commander, zugewiesen, um dann mit diesem – in einem brutalen Ritual, das auch die Anwesenheit der Ehefrau des Commanders einschließt – ein Kind zu zeugen und zu gebähren. Sie wird entweder nach dem Vollzug (einer Schwangerschaft und Geburt) oder nach einem gewisssen Zeitraum (falls es nicht zur Schwangerschaft kommt) einem anderen Mann zugewiesen.

We’ve given them more than we’ve taken away, said the Commander. Think of the trouble they had before. Don’t you remember the singles’ bars, the indignity of high school blind dates? The meat market. […] Think of the human misery.

Argumentiert bzw. verteidigt wird dieses System originellerweise mit der Sicherheit der Frauen. Sie haben es ja gut, sie haben einen fixen Platz, beschränkte Aufgaben und (sehr beschränkte) Freiheiten und werden von den Gefahren des vergangenen Alltags geschützt. Freiheit wird als Gefahr dargestellt. Gleichzeitig wird deutlich, dass jedes totalitäre System immer Freiheiten für bestimmte Personengruppen bieten muss. Anders lässt sich ein solches System nicht aufrechterhalten. Es gibt immer privilegierte Gruppen, die die Unterdrückung der anderen aufrecht erhalten, weil sie selbst davon profitieren.

As the architects of Gilead knew, to institute an effective totalitarian system or indeed any system at all you must offer some benefits and freedoms, at least to a privileged few, in return for those you remove.

Zwei Faktoren sind mir noch ins Auge gestochen: einerseits die Tatsache, dass auch in diesem Roman den Frauen das Schreiben und Lesen verboten ist. Das ist mir zuletzt in Gathering Blue begegnet. Lesen und Schreiben ist in dystopischen Geschichten oft eine Art Machtsymbol. Den unterdrückten Gruppen ist das Lesen und Schreiben verboten, sie sollen so davon abgehalten werden, sich zu organisieren oder überhaupt zu erkennen, wie ungerecht die Gesellschaft ist.

This is one of the things I wasn’t prepared for – the amount of unfilled time, the long parentheses of nothing.

Das Zweite ist eine Passage, die im Hinblick auf die aktuelle Situation relevant ist. (Bin gespannt, wann ich mal aufhören kann, diese Formulierung zu verwenden, weil die aktuelle Situation dann hoffentlich irgendwann eine andere ist …) Die Protagonistin beschreibt die quälende Langeweile, die ihre Tage ausfüllt. Sie hat nichts zu tun, sie darf nichts tun, sie darf sich nicht beschäftigen und dadurch werden ihre Tage zu einer elendslangen Gefangenschaft. So kommt es mir auch an manchen Tagen vor. Alles, was ich gern tun würde, darf ich nicht. Alles, was ich darf, habe ich in den letzten Monaten bereits zur Genüge getan und es hat kaum noch einen Reiz mehr für mich. Mir fehlt die Abwechslung. Und doch bin ich dankbar, dass ich wenigstens lesen kann und darf. Weil das Nichtstun erst recht verrückt macht. Es lenkt den Fokus auf die Sehnsucht nach allem, was wir nicht haben können. Auch wenn zuviel Ablenkung auch schlecht sein kann (da wären wir wieder bei der Balance), geht es ohne Ablenkung ganz sicher nicht. Dieser Tage beschäftigte ich mich intensiv mit der Frage, wie lässt sich dieses Jahr bestmöglich bestreiten? Wie können wir agieren anstatt immer nur zu reagieren (wenn überhaupt eine Reaktion gerade erlaubt ist …)? Wenn ich eine Antwort gefunden habe, werde ich sie dokumentieren.