Schwierig. Eigentlich wollte ich nicht erwähnen, dass ich diesen schmalen Band wochenlang herumgetragen habe, ohne überhaupt damit zu beginnen. Weil die Kindle-Lektüre einfach bequemer war. Schon das Cover mit dem toten Eichhörnchen weckt Unbehagen. Während ich das schreibe, erinnere ich mich an den Fund eines Eichhörnchen-Skeletts im Wald auf der Suche nach einem Geocache. Hatte mir kurzfristig ganz schön die Stimmung verhagelt.
Hinzu kommt die Vorgeschichte. Eine Kollegin hatte den Autor interviewt und mir erzählt, er wäre etwas schwierig in der Handhabung. Zwei Monate später sollte ich ihn dann selbst (für ein anderes Medium) interviewen und das Telefonat gestaltete sich … Naja, schwierig.
Atme, atme ganz tief durch, starte den Wagen, ab durch die Mitte, die Kunden warten. Ich fahre, Ampel von Links, zweiter Gang, Hund von rechts,läuft über die Straße, der will es wirklich wissen. Nicht so wie ich, halbherzig, halsstarrig, vielleicht auch einfach nur müde.
Das Buch selbst ist … Naja, schwierig. Ich bin kein Freund dieser gehetzten Schreibweise, die vermutlich die Flüchtigkeit der Gedanken verdeutlichen soll. (Als Hörbuch ist das bestimmt total unangenehm …) Der Leser sieht die Welt nur durch die Augen bzw. die Sinne der Protagonistin Elisa. Es vermischt sich ihre hochkomplexe Gefühlswelt (sie fühlt sich totgeboren, kalt, als Betrügerin, die nur so tut, als wäre sie am Leben) mit gleich mehreren Kriminalfällen. Elisa arbeitet als Maklerin, immer wieder werden ihrem Maklerbüro anvertraute Wohnungen angezündet. Der Ermittler Georg, mit dem Elisa ein Verhältnis beginnt, erzählt ihr von einer Mordserie in ihrer Heimatstadt. Als Elisa dort zur Schule ging, verschwanden 5 Mädchen. Ihre Leichen wurden mitabgeschnittenen Zeigefingern im Wald gefunden.
Natürlich wird der Leser schnell die scheinbar Verrückte Elisa verdächtigen. Wer in so einer wilden Gedankenwelt lebt, muss doch auch im realen Leben Wahnsinniges tun? Das Herauslesen der Ereignisse aus dem Gedankenchaos ist mühsam, führt aber zu einem überraschenden Ende.
Es passt nur vage zu Elisa (die nicht glauben kann, dass jemand SIE je lieben könnte – also passt es eigentlich doch), muss aber trotzdem in diesen Blog Post. Diese Woche hat mich ein Tweet mit Link zu einem Blog Post sehr nachdenklich gemacht.
Was mich daran »aufwühlt«, ist die Annahme, man könnte irgendwann eine Punkt erreichen, an dem man merkt: »Ha! Jetzt bin ich ein fertiger, erwachsener Mensch, mit mir selbst im Reinen, jetzt kann ich jemand anderen lieben!« (im Blog Post heißt es schlicht »a fully grown person who loves themselves wholly«)
1. Die meisten Menschen müssen wohl sehr alt werden, um diesen Zustand zu erreichen. Wollen wir solange warten? Ich nicht.
2. Ich hoffe, ich werde diesen Zustand nie erreichen. Es muss doch immer etwas Neues geben, noch etwas zu Lernen, noch etwas herauszufinden, über sich selbst, über das Leben. Es wäre doch furchtbar, wenn man mit allem fertig wäre.
3. Viel persönliches Wachstum (eine bessere deutsche Wortwahl für personal growth fällt mir gerade nicht ein) kann man doch nur in der Interaktion mit anderen Menschen erreichen. Ich bin mir sicher, aus jeder meiner gescheiterten Beziehungen etwas Wichtiges fürs Leben gelernt zu haben. Hätte ich auf diese Erfahrungen verzichten sollen, um zuerst ein »ganzer Mensch« zu werden. Ganz bestimmt nicht.
Ich stimme hingegen zu, dass es wichtig ist, mit sich selbst klarzukommen. Wie wir alle wissen, ist das nicht immer leicht und es gibt bessere und schlechtere Tage. Man muss nicht »fertig entwickelt« sein, um einen Partner zu finden. Mit dem richtigen Partner wird die Entwicklung vielleicht anders verlaufen. Und wenn man aus gescheiterten Beziehungen nur gelernt hat, was man nicht will oder wie man es in Zukunft nicht mehr machen sollte, dann ist das auch schon ein wichtiger Beitrag zur persönlichen Entwicklung.