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Sachbuch

Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts

Mein erster Gedanke bei der Beschriftung „Eine Stadt in Biographien“ war ja gleich „naja, das wird sicher oberflächliches Reiseführergeschwätz sein“. Aber die Erinnerung an meine einstige Liebe für das unbekannte Barcelona ließ mich dann doch zugreifen, um zumindest herauszufinden, ob mein Vorurteil berechtigt ist. Leider war es das. Hin und wieder musste ich über beinahe poetische Formulierungen wie „geistiger Humus“ schmunzeln, doch die meisten Biographien und ihre Verweise auf die dazu passenden Orte zeichnen sich leider tatsächlich durch Reiseführergeschwätz aus. Etwa zum Park Guell:

Hier speien überlebensgroße Echsen Wasser aus bunten Fliesen, laden mosaikverzierte Schlangen zum Sitzen ein und imponieren Pavillons im dorischen Stil. Es ist eine Art Disneyland des Jugendstils, heute Weltkulturerbe und beliebtes Wochenendziel der Barceloner.

Das bezweifle ich ernsthaft, dass die Einheimischen sich den Touristenauflauf antun. Da ich selbst so verrückt war, mitten in der sengenden Augusthitze den Park zu erklimmen und dann fürchterlich enttäuscht von der touristischen Ausbeutung und den Menschenmassen wieder von dannen zog, kann ich mir nicht vorstellen, dass man im Park Guell oft Einheimische findet. An den Wasserbrunnen bildeten sich ewig lange Schlangen, an denen die Touristenmütter mit ihren durstigen Kindern warteten, den Drachen kann man zweifellos wie den Tullner Nibelungenbrunnen nie ohne darauf herumkletternde Menschen sehen. Das lässt sich auch von der noch so poetischen Biographie nicht wegschreiben.

Auf Dali wirken „die Türme der Sagrada Familie sehr sinnlich, wie die Haut einer Frau“. Nach dem Tod von Gaudi schlägt er vor, die unvollendete Kathedrale so zu belassen und ihr eine gewaltige Glaskuppel überzustülpen.

Die unzähligen Künstlerbiographien nehmen immerhin manchmal Bezug aufeinander, obwohl man auch hier immer wieder das Gefühl hat, dass die Biographien von unterschiedlichen Personen geschrieben wurden, die nicht wussten, zu welchem Konglomerat sie hier beitragen. Weiters ist die Frauenquote jedenfalls traurig. Dass sich mit Montserrat Caballé und Prinzession Cristina nur 2 weibliche Persönlichkeiten mit Barcelona-Bezug gefunden haben, stimmt bedenklich. Als Reisebegleiter eingeschränkt tauglich, ansonsten verzichtbar.