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Sachbuch

Andreas Salcher – Erkenne dich selbst … und erschrick nicht

Andreas Salcher war mir aus den Medien aufgrund seiner Beiträge in den Bildungsdebatten der vergangenen Jahre ein Begriff. Dieses Buch stach mir in der Auslage einer geschlossenen Buchhandlung ins Auge und traf in diesem Moment einen Nerv bei mir. Sich selbst erkennen und dann mit sich selbst leben können, das wäre doch mal wirklich eine angenehme Entwicklung. Der Klappentext verspricht Auseinandersetzungen zu den Themen Wie man seine Freunde auswählt oder dem Dilemma zwischen Gefühl und Verstand. Schon die Einleitung holte mich dann auf den Boden der Tatsachen zurück. Der Autor beschäftigt sich hier mit dem Werk des Jesuitenprofessors Balthasar Gracián, das bereits 1653 veröffentlicht wurde. In diesem Handorakel und Kunst der Weltklugheit sammelte Gracián 300 Regeln, die sich mit den Themen Macht, Herrschaft, Gesellschaft und Disziplin beschäftigen. Andreas Salcher hat nun diese Regeln auf ihren heutigen Gehalt untersucht und dabei Erstaunliches festgestellt: viele von Graciáns Regeln sind auch heute noch sinnvoll und anwendbar.

Das Kapitel Über den Umgang mit Feinden beschäftigt sich zum Beispiel mit dem Thema, dass man seine Gegner und Schlachten klug auswählen soll. Nicht jede Nichtigkeit ist einen Kampf wert und unsere Energien müssen wir uns einteilen und für die wirklich wichtigen Dinge einsetzen.

Es ist sehr verkehrt, wenn man sich zu Herzen nimmt, was man in den Wind schlagen sollte. Viele Sachen, die wirklich etwas waren, wurden zu nichts, weil man sie ruhen ließ: und aus anderen, die eigentlich nichts waren, wurde viel, weil man sich ihrer annahm. Anfangs lässt sich alles leicht beseitigen, späterhin nicht. Oft bringt die Arznei die Krankheit hervor. Und nicht die schlechteste Lebensregel ist: ruhen lassen. (Originalzitat Gracián)

Ein für mich sehr interessanter Teil des Buches beschäftigt sich mit der Frage, wie man kluge Entscheidungen trifft. Die darin beschriebenen Modelle (etwa das jesuitische Entscheidungsmodell von Ignatius von Loyola) sehe ich für mich zwar nicht in Frage kommen, jedoch ein Zitat aus dem Fazit sollte sich jeder vergegenwärtigen, der irgendwann so etwas wie Seelenfrieden finden will:

Wir müssen uns damit abfinden, dass wir zwar nach allen Regeln der Kunst klug entscheiden können, aber trotzdem keine Garantie für den guten Ausgang erhalten werden. (Andreas Salcher)

Alles in allem bin ich nach der Lektüre dieses Buches mit meiner Selbsterkenntnis nicht besonders weiter gekommen (man könnte auch sagen, ich wäre zu faul für die nötige Erkenntnisarbeit …) aber immerhin habe ich jetzt ein neues Buch zum Thema Entscheidungen auf der Leseliste.