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Erfahrungsbericht

Andrzej Stasiuk – Tagebuch danach geschrieben

Ich trieb mich herum in der Hoffnung, Idee und Plan würden sich auf ganz natürliche Weise ergeben. Der Sinn würde sich am Ende offenbaren, weil ein Sinn existiert. Deshalb ging ich jedes Jahr auf Reisen, immer weiter und weiter.

Eine kurzfristige Flaute auf der Leseliste hat mich dazu getrieben, Leselisten von anderen Leuten zu plündern. Daher finden sich auf meiner Leseliste jetzt großteils die Werke dieser EM-Liste. Dieses Buch des polnischen Autors Andrzej Stasiuk ist das erste davon.

Der Autor reist von Polen aus nach Süden und Osten und hält seine Erlebnisse im Telegrammstil fest. Seine Aufzeichnungen sind düster und immer wieder fragt man sich, warum er sich das immer wieder antut, wo er doch sicher auch an angenehmere Orte reisen könnte.

Ich wünschte an Orte zurückzukehren, die unverändert waren. Alles sollte wie erstarrt auf mich warten. Ich wollte zurück zu meinen ersten Gefühlen, so wie man auf seine erste Liebe zurückkommt. Gelungen ist mir das nie, versucht habe ich es immer.

Eine Auswahl der einzelnen Erlebnisse wiederzugeben, ist sinnlos, man muss das Gesamtwerk lesen, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Der folgende Absatz bezieht sich nicht auf seine Reisen in den Süden, sondern auf die Niederlande, auf Orte, die von vielen Menschen bereist werden, wo man gewesen sein muss.

Dort empfinde ich nichts. Ich sehe mir die Formen an. Vergleiche die Preise in den Kneipen. Mir gefallen die Autos. Doch wenn ich versuche, mir eine Erzählung vorzustellen, eine Geschichte, die dort passieren könnte, kommt mir nichts in den Sinn.

Stück für Stück wird klar, dass der Autor durch seine Reisen in die scheinbar zerstörten und disfunktionalen Länder im Süden und Osten (beispielsweise die Ruinen von Srebrenica) einen anderen Blick auf seine eigene Heimat gewinnt. Eine Reise nach Westen könnte ihm diesen Blickwinkel nicht eröffnen. Erst das, was fehlt, ermöglicht ihm, zu sehen, was seine Heimat eigentlich ausmacht.